Unser Autor fährt >70.000 km im Jahr mit dem Elektroauto. Durch Deutschland, Schweiz, Österreich, Polen, England, Holland, Frankreich, Italien, Spanien und Frankreich. Eigentlich gar nicht möglich, wenn man den Zweifelnden unter der Autofahrenden glaubt. „Zu wenig Reichweite! Zu lange Ladezeiten! Charger funktionieren nicht! Nirgends kann das Auto geladen werden ausser in der Stadt – und da ist immer voll!“
Sicher berechtigte Einwände. Stimmt aber eben nicht ganz. Mit meinem Tesla Model S 90 D aus 2017, komme ich auf der Autobahn in der Regel 300 Kilometer bis ich „tanken“ muss. Dies passiert in 95% der Fälle am Tesla Supercharger. Das hat zum einen bequeme Hintergründe (das Navigationssystem vom Tesla berechnet die Route intelligent inklusive den Stopps am Supercharger), aber auch ökonomische (Free Lifetime Supercharger).
Ich habe in meinem Leben viele tolle Autos gefahren, da wäre ein alter Ford Mondeo aus 2001 oder ein nagelneuer aus 2015. Ein Jeep Grand Cheeroke von 1997, mit V8 und 5.2 Liter Hubraum. Ein Renault Kangoo (Kaufpreis 250€) oder ein Golf III Cabrio (300€ Kaufpreis). Mit dem Golf Cabrio bin ich einen Sommer lang durch Europa gefahren. Frankreich, Spanien, Portugal. Das Dach war undicht und es hat reingeregnet. Einen Mercedes MB100, mit dem ich für mein Fahrradgeschäft Bikes abgeholt und ausgeliefert habe. Einen Chevrolet Astro Van, den ich von einer freundlichen Dame abgekauft habe, die diesen als Sonder-KFZ Büro angemeldet hatte. Einen Fiat Ducato aus 2017, 9-Sitzer. Was habe ich tolle Urlaube mit diesem Fahrzeug erlebt. Ich hatte auch mal einen umgebauten Opel Senator von einem Freund, scharfe Nockenwelle, Sportgetriebe, 382 PS, Baujahr 1994. Oder ein Volvo 940 GL in verblasstem Rot, mit dem ich rund um den Bodensee gereist bin und im Auto übernachtet habe.
Keines dieser Autos wird mir so im Gedächtnis bleiben wie der Tesla. Es ist nicht die Technik, mit Extras wie Autopilot, ausparken via Smartphone, Standheizung/-kühlung für den Hund, Panorama Glasdach oder 525 PS Leistung. Es ist auch nicht das Design, dass sich irgendwo zwischen Sportlimousine und verspieltem Businessfahrzeug bewegt. Oder die schier endlose Auswahl an Funktionen und Analysen die ich über die App abrufen kann, Fahrer die ich freischalten kann, die ohne Schlüssel, nur mit ihrem Handy das Auto nutzen können.
Nein – es ist die Art zu reisen. Früher bin ich 900 km am Stück gefahren, 1 mal tanken, 2 mal pinkeln. Oder 600 km von Heidelberg nach Hamburg, ein Meeting und wieder zurück. Heute fahre ich 300 km und muss dann 30-40 Minuten aufladen. Manchmal auch 1.15 h. Dennoch fahre ich Tagesstrecken von bis zu 1100 km an einem Tag.
In Barcelona gibt es einen Supercharger am Golfhotel PGA Catalunya, da können sie einen Kaffee in der Sonne auf der Liege am Pool trinken, oder ein paar Bälle auf der Driving Range abschlagen. In Zürich-Dietikon gibt es eine Tesla Lounge, da können sie auf einer Spielekonsole aus den 80ern 8-Bit Videospiele spielen, oder Schach, oder Schaukeln. Am Supercharger Motten, spazieren sie bei gutem Timing im Sonnenuntergang durch Streuobstwiesen vorbei an einem Naturteich über eine Wiese und unter der Grenzwaldbrücke entlang.
Inzwischen – vor allem bei schlechtem Wetter oder Kälte nutze ich die Zeit auch gern zum Lesen oder arbeiten. Zeit, die ich mir sonst nicht nehmen würde, hier mal eine halbe Stunde eine Sprache lernen, da mal ein Buch weiterlesen, oder schnell einen Beitrag schreiben oder ein Angebot abschicken.
Auch während der Fahrt nutze ich die Zeit anders als früher. Ich höre Podcasts oder Hörbücher und telefoniere mit Freunden und Familie. All das, kann ich natürlich auch in einem Verbrenner machen, aber dennoch bieten mit die regelmässigen, längeren Pausen immer wieder einen Perspektivwechsel auf das Reisen.
Was mich ebenfalls fasziniert ist die Ruhe am Supercharger. Wenn ich am Auto in der Sonne stehe und geniesse, kommen und gehen Teslafahrer – geräuschlos. Man hört nichts, nur die Vögel zwitschern, und die kleinen Steinchen, die beim einlenken von den Reifen über den Boden geschoben werden.
Wenn das die Zukunft des Individualverkehrs ist – naturnah, entschleunigt, leise, emissionsfrei – dann bin ich sowas von bereit.
Jedes Mal auf der Autobahn wenn ich einen alten Diesel mit defektem Russpartikelfilter vor mir habe und nach wenigen Sekunden die verschmutzte Luft durch die Lüftung in den Innenraum dringt denke ich: Hoffentlich müssen meine Kinder das nicht erleben. Versteht mich nicht falsch. Wir sollten die Verbrenner fahren, bis sie auseinanderfallen, bis es nicht mehr geht!
Aber – lasst uns keine neuen mehr bauen oder kaufen. Das muss nicht sein. Es geht auch so. Glaubt mir.
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